Locker vom Hocker: Au Revoir
Liebe Küstenleser!
Den ganzen Herzschmerz werde ich mir ersparen, um mich tränenlos von Ihnen zu verabschieden, voller Vorfreude auf die bevorstehenden Weihnachts- und Nachweihnachtsferien. Urlaub ist dazu da, Energie zu tanken für all die neuen Aufgaben, die das Leben einem, ohne dass man allzu viel Mitspracherecht hat, tagtäglich vor die Nase setzt.
Verabschieden möchte ich mich vor allem von den aktiven Lesern, die sich hin und wieder in irgendeiner Form persönlich bei mir melden, sei es durch die Teilnahme an einem Quiz, durch einen interessanten Hinweis oder gar direkten Beitrag. Feedback nennt man das auf Englisch, und von Feedback lebt man als Schreiberling hauptsächlich – weniger vom Gehalt.
Zum Feedback gehört sowohl konstruktive Kritik als auch Lob, und über beides freue ich mich. Kritik, die geäußert wird, sollte man sich meiner Meinung nach gut anhören, um dann zu entscheiden, ob man sie annimmt oder nicht. Sie braucht ja nicht unbedingt in jedem Falle fundiert zu sein.
Eine südafrikanische Freundin, die meine Namib Times-Beiträge online liest, meinte, dass meine Sätze häufig zu verschachtelt und lang sind. Auch gefällt ihr, die politisch sehr liberal und auf ,,Multikulti” eingestellt ist, meine weisse, deutsche Perspektive nicht immer.
Nun, die Kritik an der oftmals verwirrenden Satzstruktur lasse ich sofort gelten, und ich versuche, daran zu arbeiten, zumal meine strengste Kritikerin mir das auch schon gesagt hat, und wie es sich für eine brave Tochter gehört, höre ich selbstverständlich auf meine Maaama! Ach, nun ist es schon wieder solch ein Bandwurmsatz geworden, obwohl ich hier ganz locker auf dem Doughnut-Kissen (wegen meiner moffen Hüften) sitze.
Die Kritik mit der weissen, deutschen Perspektive nehme ich allerdings nicht an. Erstens definiere ich mich, die ich fast 50 von meinen inzwischen 54 Lebensjahren in diesem Land verbracht habe, in erster Linie als Namibianerin. Und zweitens bin ich nun einmal zufällig als ,,weisser”, deutschsprachiger Mensch geboren worden. Es wäre doch sehr befremdend, wenn ich plötzlich aus der Sicht eines ,,schwarzen”, hererosprachigen Landesgenossen mit höchstwahrscheinlich ganz anderem familiären, sozialen und geschichtlichen Hintergrund schreiben würde, oder?
Und nun zu dem Loben, das in unserer kritischen, nüchternen Welt immer seltener wird – oder eben unecht, was eigentlich viel schlimmer ist. Ich nehme einmal an, dass Sie auch schon die Erfahrung gemacht haben, wie wenig Lob ausgesprochen wird, und wenn, dann ist es eben häufig gekünstelt. Wenig, aber unaf-fektierte Anerkennung hat wiederum den Vor-teil, dass man sie besonders schätzt.
Das größte Lob in Sachen Beruf, das ich in diesem Jahr erhalten habe, kam von der Swakopmunderin Tutti Moeller, die mir sagte: ,,Wenn ich deine Zeitungsseiten aus irgendeinem Grund nicht lesen kann, dann fehlt mir etwas.”
Das zweitgrößte Lob kam von einem fremden Mann, der auf dem Bürgersteig spontan auf mich zukam, um mir mitzuteilen, dass ich schöne Beine hätte. Und wie Sie, liebe verheiratete Leserinnen, sicherlich wissen, ist das ein Kompliment, das man selten – wenn überhaupt – von seinem Ehegatten erhält.
Nun ja, an diese beiden Komplimente 2015 werde ich mich wohl immer gerne erinnern, weil ich in beiden Fällen das Gefühl hatte, dass sie wirklich von Herzen kamen.
Was ist meine Kritik und mein Lob in Bezug auf unsere Welt? Wenn ich mich so aus unserem Leben ,,herauszoome”, dann könnte ich eigentlich an dem Gemetzel unseres Erdendaseins verzweifeln. In meiner Kritik liegt eigentlich auch schon das Kompliment. Ich bewundere jeden, der es schafft, eine heile Mikrowelt zu erhalten, denn in der Makrowelt der Weltpolitik und -wirtschaft sieht es nun wahrhaftig nicht gerade rosig aus. Wenn der Mensch sein Umfeld weiterhin derartig zerstört mit seiner unersättlichen Gier, gehen wir nicht gerade allzu schönen Zeiten entgegen.
Auch möchte ich vor jedem meinen verbeulten Südwester Hut ziehen, der heute nicht mehr als zwei Kinder in diese Welt setzt und somit nicht zu denjenigen gehört, die noch nicht erkannt haben, dass die exponentielle Bevölkerungsexplosion das größte Problem ist, mit dem wir zukünftig immer dringender konfrontiert werden. Wenn wir uns weiterhin so drastisch vermehren, bewirken wir letztendlich unseren eigenen Untergang. Das will keiner gerne hören, weshalb es auch in politischen Kreisen selten angesprochen wird – außer vielleicht in China, das gemeinsam mit Indien bereits ein Drittel der Erdbevölkerung ausmacht.
Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Weih-achtszeit und einen Rutsch ins neue Jahr, an den Sie sich noch lange gerne erinnern wollen. Wir sprechen uns im Februar 2016 wieder.
Ihre Susann Kinghorn
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