Locker vom Hocker: Der Zauber des Zeltens!

Liebe Küstenleser!
Welcher Namibier und abgehärtete Toeri kennt nicht den Zauber des Zeltens in unserem unbezähmbaren Land der langen Akaziendornen und stachligen Morgensterne – auf Hochdeutsch auch Erd-Burzeldorne genannt?!
Nach einem abenteuerlichen Campingtrip mit Übernachtung in unserem temporären Buschquartier irgendwo in den Grammadoelas ganz tief im Herzen Afrikas laufen wir tog erstmal wochenlang im Trance umher, weil es sooo schön war. Wir erinnern uns an die nächtlichen Reflektionen des wabernden Lagerfeuers auf dem hellen Segeltuch unserer zerlegbaren und transportablen Nomadenbehausung, während wir aus dem Zeltfensterchen versonnen in den unverfälschten, klaren Sternenhimmel starren. Zelten
Vergessen ist das vorausgegangene Gesukkel beim Zeltaufschlagen mit den Heringen, von denen mindestens drei demütig gekrümmt, als wollten sie sich vor dem Papst verbeugen, verloren und aufgegeben unter dem Witgatbaum hinterm Zelt liegen. Vergessen sind auch die stummen Diener des Heringmalheurs: die abgeschlagene Klippe und der pulsierende linke Daumen, der hin und wieder einen beißenden Schlag abgekriegt hat. Wir liegen tog jetzt mooi rustig in unserem Cymot-Schlafsack und suchen Satelliten am Firmament!
Ach, und wie gemütlich war das Mittagessen aus dem schwarzen Potjie, dessen proteinreicher Inhalt über den glühenden Kameldornkohlen blubberte. Wer denkt denn hinterher noch an den verfluchten Dosenöffner, der zu Hause auf dem Küchentisch liegen geblieben ist, weil er den Weg von einem Ende des Gehirns zum anderen und daher auch in den Campinggeschirrbeutel nicht geschafft hat? Wen kümmert es im Nachhinein, dass die Baked Beans-Dosen letztendlich ziemlich energisch und umständlich mit dem Schweizer Messer oder Leatherman bearbeitet werden mussten, um an den speicheltreibenden Inhalt zu kommen? Ich frage mich trotzdem, warum man nicht mehr Dosen mit Abziehdeckel (siehe Tunadosen) herstellt, auch wenn dadurch vielleicht einige Dosenfabriken in China die Türen schließen müssen.
Nun gibt es natürlich diese gewöhnungsbedürftige, etwas seltsam anmutende Gruppe von Zweibeinern, die die Nase in einer nicht nachvollziehbaren Gefühlsmischung aus Rage und Snobismus kräuselt, wenn es ums Kampieren geht: ,,Nein, also, das ist nichts für unsereins. Das letzte Mal hat es so geregnet, dass unser teurer Daunenschlafsack zu schimmeln begann. Und dann wehte auch noch ein Wind. Wir mussten unsere komfortablen Faltstühle mit feinster Oberflächenpolsterung 500 Meter von unserem Luxuszelt aufsammeln. Als dann auch noch das ,,Blitz” und die Streichhölzer nass waren, wir hungern mussten und den größten Ehestreit bekamen, da war uns klar: Nie wieder!”
Komm, ich sach Ihnen mal was: Wer das Campen in diesem Land nicht schätzt, der soll von mir aus zwischen kalten Hausmauern und flickernden Fernsehern versauern. Für mich ist das Buschleben eine Erholung vom gehetzten Stadtleben, und die beginnt bereits bei der Vorbereitung. Ein Zelttrip ist also kein militärischer Einsatz, sondern ein buddhistisch-entspannter Genuss in Vorfreude auf das Nirvana. Letzendlich erinnert man sich nämlich DOCH just an all die Pannen so gerne, oder?
Ihre Susann Kinghorn

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