Locker vom Hocker: Hand auf Herz!
Liebe Küstenleser!
Ja, ja, ich weiss, es war viel los am vergangenen Wochenende: Vortrag im Museum, Mascatokonzert in der Kulturaula, Whiskyfest im Dom, Ausschlafen am Unabhängigkeitstag…
Trotzdem schade, dass am Freitag Abend nur etwa 60 Besucher an den vom Vorstand der Kunstvereinigung liebevoll gedeckten Ti-schen im Haus der Jugend saßen. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass etwas spät für die Vorstellung von ,Hand auf Herz’ geworben wurde.
Ich kann Ihnen allerdings sagen, dass Jana Kühn aus Schwerin und Anton Kryukov aus Kasachstan zumindest dieser kleinen Zuhörerschaft einen unvergesslichen Abend bescherten, dank Francois Hartz, der dieses Duo nach Namibia lockte. Und im Grunde genommen passte diese kleine Gruppe von Konzertgängern zur intimen Atmosphäre der Vorstellung.
Jana Kühn wurde 1983 in Nauen geboren und absolvierte ein Schauspielstudium an der Theaterakademie in Zinnowitz. Optimal verbindet sie ihre zwei Leidenschaften und ist seit einigen Jahren als freiberufliche Schauspielerin und Sängerin in Deutschland unterwegs.
Fotos: Susann Kinghorn
Vor dem olivgrünen Vorhang standen sie in ihrer ganzen Schlichtheit und Ehrlichkeit: die Schweriner Sängerin im schwarzen Kleid, die füllige Haarpracht streng nach hinten gebändigt, um ein offenes Gesicht mit völlig unprätentiöser Mimik zur Schau zu stellen; der russische Anton in schwarzer Hose und türkisfarbenem Hemd mit verklärt-verträumtem Blick hinter dem Bajan bzw. dem russischen Knopfakkordeon.
Der 1977 geborene Anton Kryukov studierte Bajan und Klavier an der Akademie der Künste in Voronezh (Zentralrussland). Nach seinem Abschluss als Diplommusiker im Jahr 2001 war er u.a. Bajanist im Marinemusikcorps Kaliningrad, bis er sich im April 2006 als Berufsmusiker in Berlin niederließ.
Es würde mich nicht wundern, wenn die beiden Künstler auch privat ein Paar sind, denn es knisterte geradezu auf der Bühne. Gefühle und Leidenschaften waren in Blicken und Handbewegungen erkenntlich. Und dann diese Stimme von Jana: mal erzählend, wie in Götz Alsmanns ,Es war ein Mädchen und ein Matrose’, dann wieder passioniert in dem slawischen Gebet, melancholisch in der Hildegard-Knef-Version von Jaques Brels ,Amsterdam’ und rauchig-tief in der deutschen Übersetzung von Edith Piafs ,Der Akkordeonist’. Und immer unverfälscht, klar, ohne Firlefanz! Dazu die perlende, virtuose Musik des charmanten Russen am Instrument der Melancholie.
Kein Wunder, dass sich das seit drei Jahren existierende Ensemble ,Hand auf Herz’ nennt, denn die Welt der Emotionen legt es erfrischend ehrlich auf den Tisch bzw. die Bühnenbretter. Deshalb geht ihre Musik so unter die Haut, dringt bis in die tiefste Tiefe jeder Pore.
Das begeisterte Publikum liess auch nach zwei Zugaben nicht locker. Dabei war gerade das Schlusslied sooo schön: ,,Lass uns bitte, bitte beide romantisch sein, komm, volle Kanne Kerzenschein, fahren wir mit der Vespa mitten in der Nacht zu den Gärten von Sanssouci und brechen dort ein…ein Abend voller Poesie, volle Kanne Hölderlin und ich tanze mit dir in den Himmel hinein…”
Ihre romantisch durch das Leben taumelnde
Susann Kinghorn
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