Locker vom Hocker: Optimale Tarnung der Steinschrecke
Liebe Küstenleser!
Wir Menschen haben heute kaum einen Grund, uns zu tarnen, da wir mit unseren Erfindungen wie Waffen und technischer Ausrüstung aller Art zur momentan stärksten Spezies gehören. Wir legen höchstens Tarnkleidung im Krieg an oder treten als Geheimagenten und Spione auf, indem wir eine andere Persönlichkeit annehmen und uns dementsprechend verändern und verstellen, um nicht als derjenige erkannt zu werden, der wir eigentlich sind. Verkleiden und verstellen tun wir uns natürlich auch demnächst beim Prinzenball des Swakopmunder Karnvals. Das hat dann aber nichts mit Tarnung zu tun, denn wir wollen uns beim Küska ja nicht unbedingt vor einem Feind schützen, sondern einfach nur mal in eine etwas andere Rolle schlüpfen und unseren Spaß haben.
Diese Steinschrecke (stone grasshopper; Pamphagidae) auf der Farm Spiegelberg westlich von Ai-Ais ist als Stein getarnt und daher kaum sichtbar. Sie gehört zur Gattung Trachypetrella andersonii, die ausschließlich im Süden Namibias und im Nordkap zu finden ist.
Fotos: Susann Kinghorn
Anders ist es bei Tieren, die wesentlich verwundbarer sind als Menschen und daher oftmals so perfekt getarnt sind, dass man sie einfach nicht wahrnimmt. Das beste Beispiel ist wohl das Cha-mäleon. Nanokristalle in der Haut dieser Reptilien sorgen dafür, dass ihre Farbe sich der Umgebung anpasst oder aber ihren ,,emotionalen” Zustand verrät. In entspanntem Zustand liegen die Nanokristalle eng beieinander. Sie reflektieren dann vor allem kurzwelliges, blaues Licht. Da die Pigmente in der Haut der Tiere größtenteils gelb sind, erscheint das Chamäleon in entspanntem Zustand grün (blau und gelb ergibt grün). Regt sich das Chamäleon auf, liegen die Kristalle weiter auseinander und reflektieren langwelliges, rotes Licht. Dadurch wechselt das Chamäleon seine Farbe von Grün über Gelb nach Orange.
Ebenfalls optimal ihrer Umgebung angepasst ist die Familie der so genannten Steinschrecken (stone grasshopper’; Pamphagidae), die neben den Familien der Dornschrecken, Grabschrecken, Feldheuschrecken und Kegelkopfschrecken zu den fünf Familien der Ordnung Kurzfühlerschrecken (Caelifera) gehört.
Bei diesem Tierchen auf der Ai-Aiba-Lodge im nordwestlichen Erongogebirge handelt es sich ebenfalls um eine Steinschrecke. Diese weibliche, flügellose Kurzfühlerschrecke, ist gerade dabei, mit ihrem Legestachel (Ovipositor) Eier im Sand abzulegen.
Durch puren Zufall entdeckte ich im Süden Namibias eine Steinschrecke. Hätte ich mich nicht gerade nach einer undefinierbaren kleinen Pflanze mit gelber Blüte gebückt, wäre mir dieses interessante Insektchen der Art Trachypetrella durch die Lappen gegangen. Es saß nämlich bewegungslos auf einem Stein, von dem es kaum zu unterscheiden war. Nicht umsonst heißt Trachypetrella (aus dem Griechischen) ,,kurzer, kleiner Felsen”. Das jedenfalls hat mir der an der Kapstädter Universität tätige Entomologe Mike Picker erzählt.
Der Insektenkundige machte mich außerdem darauf aufmerksam, dass die hervorragende Tarnung der Steinschrecke durch die Anwesenheit einer Schicht feiner Härchen entlang der Beine optimiert wird, die dafür sorgt, dass das Insekt keine Schatten wirft, wenn sie die Beine gegen den Körper faltet. Ist die Natur nicht wundervoll?!
Ihre faszinierte Susann Kinghorn
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