Locker vom Hocker: Persönliche Erfahrung von Klima- und anderem Wandel

Liebe Küstenleser!
Nachrichten über schmelzendes Eis in der Arktik und sturzbachartige Regenfälle, verursacht durch Treibhausgase aus der Verbrennung von Kohle und Öl schlagen uns in den Medien förmlich um die Ohren (und/oder Augen). Brigitta Müller, die mit ihrem Mann Philipp seit vielen Jahren zwischen Khorixas und Kamanjab die Farm Okatare betreibt, meinte, sie habe noch nie solche extrem heißen Temperaturen gemessen wie in diesem Sommer.
Ich habe meine ganz persönliche Erfahrung mit dem Klimawandel gemacht. Neulich lief ich, wie so oft, mit meinen Boerbul-Damen Nelly und Blanca barfuß hinunter ins Swakoprivier und dann auf der südlichen Seite am Saum der Namibdünen entlang. Zum ersten Mal seit meiner Schulzeit musste ich an die Ballade ‘Die Füße im Feuer’ von Conrad Ferdinand Meyer zurückdenken: ,,Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.” Es war auch das erste Mal seit Jahrzehnten der Wüstenwanderungen, dass meine nackten Sohlen sich anfühlten, als würden sie auf glühenden Kohlen des Kameldornholzes geröstet. Ich musste von schattenspendender Tamariske zu mehr oder weniger Kühle verheißendem Lycium tetrandrum-Strauch hüpfen, bis ich es nicht mehr aushalten konnte und die Gummilatschen aus meinem Rucksack kramte. Wenn Füße, die fast ein halbes Jahrhundert lang die Sonnenwärme als wohltuend empfunden haben, nach einem kurzen Spaziergang in der Mittagszeit wie Grillwürste dampfen, dann iss etwas nicht lekka.

Constantia Shia2 Mbalantu zw. Okahandja und Elegant Farmstead Jan 2016klein

Meme Constantia Shia wartet in der glühenden Mittagshitze (dank El Nino oder El Nina?) zwischen Okahandja und der Gästefarm ,The Elegant Farmstead’ auf ihren Bus, der sie nach Outapi bringen soll. Sie gehört zu den etwa 7000 Mbalantu, einem kleinen Stamm der acht in Namibia vorkommenden owambosprachigen Clans, die in der Region Omusati sesshaft sind. Im Hintergrund türmen sich die Abkühlung versprechenden Regenwolken auf.
Fotos: Susann Kinghorn

 

Was hat sich bei mir persönlich noch geändert, seitdem ich vor gut 25 Jahren ins unabhängige Land der Braven hineinkatapultiert wurde? Meine Einstellung zu gewissen Dingen hat sich geändert. Davon zeugt zum Beispiel eine impulsive Reaktion meinerseits, als ich gerade wieder zur Dämmerung mit meinen Vibram-Rennschuhen den Trampelpfad der Dromedare vor der Mündung des Swakopriviers entlangjoggte. Plötzlich sah ich eine menschliche Gestalt in dem sonst einsamen Gefilde vor mir auftauchen und erschrak. Der Homo erectus entpuppte sich beim zweiten Hinsehen allerdings als schlanke, hochgewachsene Tamariske, was bei mir ein Gefühl der Erleichterung aufkommen ließ.

Elegant Farm Jan 2016 (81)klein

Ich habe heute mehr Angst vor dem Menschen als vor einer Braunen Hyäne, trotz ihres kräftigen Gebisses mit imposanter ,,Brechschere”. Diese tote Schabrackenhyäne fand ich auf einer Wanderung auf der Farm Otjisazu (heute die Gästefarm ‘The Elegant Farmstead’ bei Okahandja) .

 

 

 

Liebe Leser, viel erschreckender waren für mich letztendlich meine Gedanken zu dieser Verwechslung. Ich musste feststellen, dass ich weniger Angst gehabt hätte, wenn die Braune Hyäne, die kürzlich hier erspäht wurde, mir begegnet wäre, als vor einem Exemplar meiner eigenen Spezies. Das gibt einem zu denken, nicht wahr?!

Ihre Susann Kinghorn

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