Locker vom Hocker: Übers Lesen

Liebe Küstenleser!
In der Welt wird weniger gelesen, sonst gäbe es wohl kaum einen Lesetag an vielen Schulen oder sonstige Initiativen, die den Griff zum Buch ermutigen sollen.
Obwohl ich Bücher seit meiner Kindheit wie saftige Erdbeeren verschlungen habe, muss ich feststellen, dass diese ehemals eifrige Leseratte auf einem Bein und Auge etwas lahm geworden ist und den Weg zum oder Blick ins Buch somit etwas langsamer angeht.
Woran liegt das? Einmal ist die Antwort auf das zögerliche Sich-Heranschleichen an ein Druckwerk womöglich darin zu finden, dass einem auf dem sich enorm expandierenden Büchermarkt auch eine ganze Menge Schundlektüre in die Hände gerät. Zum anderen hat die Ablenkung durch technische Vorrichtungen auch in Namibia zugenommen. Wenn ich bedenke, dass ich als Kind und Teenager in den 60iger und 70iger Jahren kein Fernsehen, kein Handy und keinen Computer kannte! Lediglich die beiden Kinos (Alhambra und Odeon) und Drive-Ins vor der Kulisse der Auas- und Erosberge außerhalb Windhoeks sowie der Kassettenrekorder dienten damals zur Unterhaltung durch die Technik. Heute jongliert man zwischen DVD-Spieler, diversen Fernsehprogrammen, PC-Spielen, E-Mails, Handys, whatsapp, Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn u.ä. durchs Leben und schlägt förmlich ein Salto nach dem anderen, um überall mitzuhalten. Wo hat da noch ein Buch Platz? P1050057 klein
Und trotzdem! Gerät mir wieder einmal ein gutes Buch in die Hände, das den Geist herausfordert, die Seele erfrischt und die Phantasie anregt, dann freue ich mich jeden Abend auf das Lesen unter der weichen Federdecke im Bett, das selbstverständlich nicht NUR zum Lesen da ist, haha!
Das Zitat des 1995 verstorbenen deutschen Schriftstellers Michael Ende mag abgegriffen sein wie ein gutes Buch, trifft jedoch den Nagel auf den Kopf: “Lesen ist Kino im Kopf”. Sein bekanntestes Werk ,,Die unendliche Geschichte” erzählt so begeisternd schön, wie ein Buch zum Lebensretter wird. Und, sehnen wir uns nicht alle in irgendeiner Form, wie der Junge Bastian Bux in dem Roman, nach einer Geschichte, die niemals endet und ewige Einbildungskraft verspricht?
Wenn wir Eltern unsere Kinder heute auch mehr aus der Intuition heraus warnen, dass Fernsehen dumm macht, so haben wir dennoch recht. Wissenschaftliche Untersuchungen (das klingt immer gut!) haben nämlich ergeben, dass Menschen, die ihre Informationen hauptsächlich durch (bewegte) Bilder beziehen, ihre Fähigkeit verlieren, mit Worten umzugehen. Sie werden im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Die Sprache jedoch ist das Instrument, mit dem der Mensch denkt. Wer also nicht mit Worten umgehen kann, verliert das Potential zu denken, kritisch zu hinterfragen und im Endeffekt sogar das Vermögen, eigenbestimmt und -verantwortlich zu leben
Wie dem auch sein, Lesen ist und bleibt einfach herrlich, und Bücher sind Freunde, die jederzeit für einen da sind, wenn man sie braucht. Ein Buch kann einen fast überall hin begleiten. Es braucht weder einen Stromanschluss, noch die Frage nach einem Wifi-Zugang und auch keine Mobilfunkzelle. Man braucht nur genug Licht, und schon kann die unterhaltende Lesereise beginnen.
Ihre Susann Kinghorn

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