Locker vom Hocker: Was soll ich sagen?
Liebe Küstenleser!
Manchmal werde ich gefragt, wie ich denn jede Woche mein Thema zu dieser Rubrik finde und ob mir nicht hin und wieder die Puste ausgeht bzw. die beiden Zeigefinger lahm werden, mit denen ich auf dem Laptop herumhämmere.
Zugegeben, es gibt Momente, da fällt mir nichts mehr ein. Dann überlege ich mir, ob es nicht sinnvoller wäre, Taxifahrerin zu werden. In dem Beruf braucht man sich zumindest nicht jede Woche ein neues Motiv auszudenken und darf dem Oberstübchen eine hoffentlich wohlverdiente Pause gönnen. Lediglich Hand und Fuß zählen, um das Gaspedal, die Kupplung, Bremse und Hupe zu betätigen. Das wäre doch mal eine willkommene Abwechslung zu der Buchstaben-Suppe, in der man sonst herumkruhst.
Da es sich bei dieser Kolumne um eine lockere Sache aus dem Stegreif handelt und mir die Spontanität im Leben noch nicht gänzlich ausgetrichtert werden konnte, fällt mir jedoch zu guter Letzt immer wieder etwas ein, das nicht unbedingt auch in jeder anderen Zeitung zu lesen ist. Manchmal webe ich den Kommentar um ein Bild, das mich fesselt, eine auffällige Pflanze, einen reizenden Vogel. Dann wiederum beobachte ich eine Situation zwischen Menschen oder schreibe über meine Erfahrung auf einer Reise durch unser Namibia – hin und wieder auch durch andere Teile dieser Erde. Ab und zu wird in der rosaroten Vergangenheit geschwelgt, ein Liebesgesang auf etwas angestimmt oder einfach nur frisch von der vielleicht nicht mehr ganz so frischen Leber hinweg geplaudert.
Was auch immer hier gesagt wird, geschieht jedenfalls so gut wie immer kurzschlussartig, “on the spur of the moment”, wie es im Englischen so treffend ausgedrückt wird. Also, liebe Leser, keine Bange, irgendetwas fällt mir schon ein, wenn SIE mich nicht gerade auf ein interes-santes Thema aufmerksam machen. Das heißt, ich bin nicht ganz so ohnmächtig wie zum Beispiel die Menschen, die sich hilflos an ein Forum im Internet wenden – mit Fragen wie: ,,Was muss ich sagen, um meine Ex wiederzugewinnen?” oder ,,Wie kann ich mit einem Mädchen chatten, ohne dass es langweilig wird?” Oder ,,Worüber kann ich einem Jungen schreiben, in den ich total verknallt bin?” Mein Gott, darf es wahr sein, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos wer-den? Die hilfsbedürftigen Bitten um Rat zum Reden zeigen doch, dass wir das Miteinander-Plaudern verlernt haben. Stattdessen schreibt man sich mal eben eine SMS, Whatsapp oder eine E-Mail. Wunderbare Techniken, die unser Arbeitsleben erleichtern. Jedoch auch Techniken, die uns, was die zwischenmenschliche Kommunikation angeht, zu unsicheren, unbeholfenen Steinzeit-Menschen machen.
Ist es nicht so, dass wir Menschen sehr viel zueinander und übereinander reden, doch nur selten wirklich miteinander reden? Ehepaare sprechen durchschnittlich nur noch sieben Minuten am Tag miteinander, und bei Geschäftspartnern wird die schnelle Kommunikation per Mail einem persönlichen Gespräch vorgezogen. Morgens am Frühstückstisch schwe-gt man sich an, jeder in ein Stück Tageszeitung vertieft. Auf dem Weg zur Arbeit sitzt man entweder alleine im Auto oder zieht den Kopf im öffentlichen Verkehrsmittel ein, um ja nicht reden zu müssen. Im Büro ein kurzes ‘Guten Morgen’, abends Silentio am Tisch und anschließend Schweigen vor dem Fernseher. Und so werden wir immer sprachloser!
Nee man, wir müssen echt biekie Wumma in unsere Sprache bringen. Tscheckt net die Wambos, die warrawarran ohne Punkt und Komma. Von Sprachlosigkeit keine Spur!
Der ,,große” österreichisch-britische Philosoph Ludwig Wittgenstein hat gesagt: ,,Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen”. Die kleine namibische Schreiberline Susann Kinghorn sagt: ,,Worüber man nicht schweigen kann, darüber soll man bloß reden, damit man die Sprache und das Denken nicht verliert”.
Ihre Susann Kinghorn
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