Swakopmunder Strandperlen sind über 1000 Jahre alt

Ob Sommer oder Winter, sie treffen sich jeden Mittag im weichen Strandsand an der Mole, plaudern über die neusten Neuigkeiten und lassen sich die Küstensonne auf die ohnehin schon gut durchgebräunte Haut brennen. Sie trotzen nicht nur dem Wetter, sondern auch den Wellen, denn die Krönung ihres geselligen Treffens ist das Eintauchen ins Molebecken.
Ja, richtig geraten! Die Rede ist von den Swakopmunder Strandperlen, die vor einer Woche ihr zehntes Jubiläum bei einem deftigen Frühstück im Wild Rocket-Cafè feierten.
Die 18 Senioren und Seniorinnen aus Namibia, Deutschland und Österreich sind gemeinsam 1402 Jahre alt. Nesthäkchen ist Hedwig Steinbrück mit 67 und ältestes Mitglied Erna Tameling, die mit ihren 92 Jahren keineswegs das Schwimmen durch das Molebecken scheut.

Erna klein

 

Forschen Schrittes läuft die 92jährige Erna Tameling an der Mole gen Meer. Den Stock benutzt sie nur deshalb, weil sie vor vielen Jahren eine Hüftoperation hatte.

Fotos: Susann Kinghorn

 

 

 

 

Man kann fast von einem Stelldichein der Strandperlen sprechen, denn ein Hauch von Romantik hängt ihnen an. Neulich wurde der 70. Geburtstag von Bernd Schlag am Strand gemeinsam gefeiert. Der Jubilar liess die Sektkorken fliegen und verteilte leckere Ferrero-Schokolade. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und man ging richtig liebevoll miteinander um. ,,Im Alter muss man Freunde haben”, meint Jochen Neubrech, ,,und die haben wir hier.” Loni von Dewitz fügt hinzu: ,,Wir können uns aufeinander verlassen, und das ist so schön.”
Dass die Strandperlen gute Freunde sind, merkt man an der Art, wie sie miteinander umgehen. Rücksichtsvoll wird Erna von zwei Strandperlen an der Hand gehalten, damit sie von der unebenen Stelle, wo die Wellen sich brechen, sicher in dem etwas ruhigeren Gewässer hinter dem Atlantiksaum landet, um dort frei schwimmen zu können. Erna und Hilfe

 

 

 

 

Hermann Peperkorn (rechts) und Jens Rabe helfen Erna Tameling über die erste Hürde hinweg.

 

 

 

 

 

 

Die Atmosphäre bei der Feier des zehnjährigen Bestehens war innig und familiär. ,,Am Dienstag müssen wir leider schon wieder feiern, nämlich meinen Abschied”, kündigt Karin Vetter unter allgemeinem Gelächter an. Karin Vetter kommt aus Würzburg und fliegt wieder in die Heimat zurück. Sie erzählt, dass die Strandperlen manchmal eine Kette bilden, wenn die Meerestemperaturen sehr kalt sind. ,,Da gibt es dann für keinen ein Entkommen, und wenn einer fällt, dann fallen alle.” Gibt es ein schöneres Bild für die tiefe Freundschaft, die die Strandperlen miteinander verbindet?

Hedwig und co

 

 

Von links: Jens Rabe, Hedwig Steinbrück, Gisela Meyer-Ohlendorf (Mo), Peter Steinbrück und Gisela Rabe vor dem Strandhotel.

 

 

 

 

Jens und Gisela Rabe aus Hamburg, die Namibia, wie alle europäischen Strandperlen, regelmäßig einen Besuch abstatten, genießen nicht nur den geschützten Strandplatz an der warmen Molenmauer, sondern auch die kostenlosen Pressemeldungen: ,,Hier wird man über das aktuelle Tagesgeschehen informiert.” “Ja,” ereifert sich Loni von Dewitz, ,,zum Beispiel über Rentenerneuerungen und so…” Meike Neubrech fügt hinzu: ,,Wir sind eine lebende Litfaßsäule.” Ihr Mann Jochen wirft ein: ,,Wir wollen uns aber nicht mit Säulen vergleichen.” Und er betont, was die Strandperlen außerdem zusammenschweißt: ,,Wir haben alle eine Leidenschaft: das Schwimmen und das Faulenzen!” Bernd und co

 

 

Von links: Jochen Neubrech, Bernd Schlag, Meike Neubrech, Loni von Dewitz und Irmgard Dietz stoßen gerade am Molenstrand auf Bernd Schlags 70. Geburtstag an

 

 

 

Ihren Namen erhielten die Strandperlen übrigens von Hermann Peperkorn, und den Strandperlen ist es wichtig, dass sie nicht mit dem Krampfadergeschwader verwechselt werden. Das sind die anderen, die sich am Strand aalen! Es ist tatsächlich so, dass die Beine der Strandperlen frei von Krampfadern sind. Nicht nur das! Unsere männlichen und weiblichen Badenixe(n) könnten glattweg an einem Wettbewerb der attraktivsten Seniorenbeine teilnehmen.
Namensgeber Hermann Peperkorn lebt mit seiner Lebensgefährtin Margarete (Gretel) Frommelt in Schenefeld in Schleswig-Holstein. Seine zweite Heimat ist Swakopmund…schon allein wegen der Strandperlen! Gretel und co

 

V.l.: Hermann Peperkorn, der sich jährlich über die Sommermonate in Namibia aufhält; Franz Honekamp aus Berlin, der sich das Treffen mit seinen Strandkumpels trotz seiner Parkinson-Erkrankung nicht nehmen läss, und Gretel Frommelt, die immer knusprig braun gebrannt in Erscheinung tritt.

 

 

 

Wolfgang Neubrech erinnert sich an die Anfänge: ,, Mir wurde in den 90er Jahren beim Schwimmen an der Mole Handtuch, Hose und Sandalen gestohlen. Daraufhin legte ich meine Strandsachen bei älteren Damen ab, die sich an der Mauer sonnten. Allmählich entstanden zwei Schwimmgruppen daraus, eine aus den Altersheimen, die sich morgens vor 7 Uhr traf, die andere, zu der ich mich gesellte, die mittags schwimmen ging. Wir wollten nicht die Grufties oder Fossies genannt werden, und weil die aus dem Altersheim meist ältere Damen waren, wurde daraus das Krampfadergeschwader. Da wir öfter eine Kette bilden, wenn wir ins Meer gehen, hat das Hermann sicherlich an eine Perlenkette erinnert. Und so wurden wir 2006 offiziell die Strandperlen.” Strandperle
So manch eine jugendliche Sofakartoffel kann sich an den Strandperlen ein Beispiel nehmen.

 

Die 92jährige Erna Tameling erfreut sich bester Gesundheit und schwört auf Bewegung: ,,Morgens noch im Bett liegend mache ich meine Übungen, die ich dann beim Aufstehen fortsetze. Manchmal habe ich keine Lust, aber ich sage mir: wenn du erst aufhörst, ist es vorbei!”

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